Carina Konrad

Ein herzlicher Dank!

Foto: Peter Dhein

Mein Schwiegervater notiert in einem kleinen Büchlein die Wetterdaten. Jeden Tag, seit Jahrzehnten. Letzte Woche hat er die Niederschlagsmengen 2018 zusammengezählt und festgestellt, dass die Menge bei uns nur knapp unter dem üblichen Jahresdurchschnitt liegt. Die Verteilung ließ 2018 allerdings sehr zu wünschen übrig. Auch wir mussten deshalb große Flächen, die bereits bestellt waren im Herbst wieder umbrechen, weil die Saat wegen Wassermangel nicht auflief. Der ausgetrocknete Rhein, die schlechten Ernten und die Hilferufe von Land- und Waldbesitzern sind mir noch sehr präsent. Die Hilflosigkeit der Politik (Stichwort Dürrehilfe) und die Debatten, die aus dem heißen, trockenen Sommer entstanden sind, haben mein Jahr 2018 maßgeblich geprägt.
 

Ein Blick auf den aktuellen Feuchtigkeitszustand unserer Böden zeigt, dass die Herausforderungen 2019 groß bleiben. Quelle: Dürremonitor Deutschland, Stand 28.12.2018

Die Diskussion um Klimawende und Agrarwende wurde 2018 erweitert um die Forderungen nach Verkehrswende und Ernährungswende. Die eigene Erfahrung zeigt mir deutlich: Der politische Aktionismus, der aus den Forderungen resultiert, bewirkt oft das Gegenteil dessen, was richtig wäre. Eitelkeiten, Unwissen und Machtstreben, wo diese Charakterzüge im Vordergrund stehen, entsteht das sogenannte „Greenwashing“. Grüner Aktionismus, der das Ziel verfehlt.

So wurden seit dem Beschluss, aus der Atomkraft auszusteigen, Milliarden ausgegeben für eine Energiewende, die die Verfügbarkeit von Strom akut gefährdet, weil sie mit falschen Förderanreizen bevorzugt die Energieproduktion aus Wind und Sonne besonders befördert. Dabei müsste allen klar sein, dass so keine Versorgungssicherheit gewährleistet werden kann, denn wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint, wird auch kein Strom produziert, folglich muss für jedes zusätzliche Windrad irgendwo in Deutschland die Grundlast durch Gas, Kohle oder Atomstrom sichergestellt werden. Nicht selten wird dieser Strom bereits heute aus dem Ausland bezogen.

Vom Erfolg der Energiewende kann keine Rede sein, ganz im Gegenteil. Das Ringen um die besten Standorte der Windenergie hat unzählige soziale Strukturen vor Ort zerstört, ganze Gemeinden wurden in zwei Lager geteilt. Das ist auch bei mir vor der Haustür, im Rhein-Hunsrück Kreis, der Energiekommune des Jahres 2018, flächendeckend geschehen. Dabei trägt vor Ort dort, wo die Energiewende umgesetzt wird, keiner die Schuld an der falschen Umsetzung der Energiewende. Alle Akteure vor Ort haben recht, sowohl diejenigen, die ihre eigene oder die klamme kommunale Kasse füllen wollen, ein Bestreben, das legitim ist und von unternehmerischer Kompetenz zeugt – und auch diejenigen liegen richtig, die sich zu Recht beeinträchtigt fühlen durch Schattenwurf und Lärm der großen Energieanlagen und den Wert ihrer Heimat bedroht sehen.

Wer versucht, von falschen Förderanreizen zu profitieren, ist folglich nicht der Dumme, und darf auch nicht dazu gemacht werden. Dumm sind diejenigen, die solche falschen Förderanreize überhaupt erst setzten. Und das sind hohe politische Entscheidungsträger in Bund und Ländern. 

Umso beunruhigender ist es für mich mitzuerleben, wie im Zusammenhang mit den Forderungen nach der Agrarwende ein landwirtschaftlicher Betrieb nach dem anderen nach Generationen die Hoftore schließt. Erfolg definieren heute offenbar die Grünen, denn Grüne Politik wird heute im Bund ganz ohne Regierungsbeteiligung der Grünen umgesetzt. Das Verbot der Neonicotinoiden in Zuckerrüben, die niemals blühen zum Schutz der Bienen ist vergleichbar mit einem Verbot von Weizenbrot für Glutenallergiker. Menschen, die Gluten nicht vertragen würden niemals Weizenbrot essen, genauso wenig wie Bienen, die nach Nektar suchen nie an nicht blühende Zuckerrüben gehen. Obwohl keine Verbesserungen für die Bienen zu erwarten sind, sind die Folgen des Verbots gravierend, denn der Anbau der Zuckerrüben insgesamt steht unter anderem aufgrund fehlender Alternativen im Pflanzenschutz vor dem Aus. Und ohne den Rohstoff Rübe drohen Werksschließungen in den Rübenfabriken und tausende Arbeitsplätze sind durch diese Entscheidung gefährdet. Ein nötiger Kollateralschaden? Nein!

Sie merken es, die Forderungen sind diffus und abstrakt und in weiten Teilen weder durchschaubar noch zu erfüllen. Ein weiteres Beispiel: Über Nacht erfahren Landwirte, dass sie in FFH-Gebieten wirtschaften. FFH-Gebiete, die auf privatem Eigentum tausender Bürgerinnen und Bürger am Reißbrett entstanden sind und bereits mit sogenannten „Bewirtschaftungsauflagen“ versehen wurden, in der angeblich guten Absicht landwirtschaftliche Produktionsflächen in einen sogenannten guten Erhaltungszustand zu versetzen, um dort bedrohte Arten vor dem Aussterben zu bewahren.Das ganz Besondere ist, dass die Landwirte, die die Flächen bewirtschaften, auf Nachfrage erfahren, dass diese Bewirtschaftungsauflage lediglich behördenverbindlich seien, und auf ihren Betrieb keine Auswirkungen hätten. Warum macht man dann überhaupt FFH-Gebiete, wenn dort angeblich nichts passiert? Die Erklärung ist so einfach wie erschreckend: Die Flächen sind durch diese Auflagen faktisch enteignet, denn wenn der Bewirtschafter seine Produktion verändert und beispielsweise ein Gebäude errichten möchte, wird er von der Behörde angehalten, die Bewirtschaftungsauflagen umzusetzen. Ob und inwieweit die Auflagen einen positiven Einfluss auf die Natur und die Umwelt haben können und auf den Erhalt bedrohter Arten, ist und bleibt unklar. Klarer und wirksamer sind Maßnahmen gemeinsam mit den Landwirten im Rahmen des Vertragsnaturschutzes, deren Nutzen direkt nachweisbar und messbar ist und deren Aufwand ganz regulär und vorab vereinbart und entschädigt wird. Die Enteignung durch die Hintertür schwächt die Landwirtschaft enorm, hat riesigen Einfluss auf ihre Produktionsfähigkeit und die Liquidität und macht die Zukunft für landwirtschaftliche Betriebe unkalkulierbar.  Agrarwende bedeutet also so, wie die Bundesregierung diese Forderung der Grünen derzeit umsetzt, nichts anderes als die Landwirtschaft vom Heute in die Vergangenheit zu lenken.

In einer Zeit, in der die Zukunft bereits Realität ist und Deutschland in den Entwicklungen nur hinterherhinkt, weil wir bis heute keine flächendeckende Mobilfunkversorgung haben und Verbote die Gesetzgebung in der Landwirtschaft bestimmen, anstatt neue Methoden voranzutreiben, demotiviert man junge Menschen und verhindert so aktiv die Zukunft.

Von kalter Enteignung können die Fahrzeugbesitzer in Deutschland ein Lied singen. Die Folgen des Dieselskandals und die Klagewelle der Deutschen Umwelthilfe kosten das Geld der Autofahrer. Streckenweise und gebietsweise Fahrverbote bedrohen darüber hinaus die Geschäftsmodelle unzähliger kleiner und mittlerer Familienbetriebe in Deutschland. Handwerker, die ihre Dachstöcke zur Baustelle in der Innenstadt auf Pferdekutschen laden, können morgen wieder Realität sein. Zum Umsetzen der Fahrverbote sollen die Autofahrer zukünftig digital erfasst werden und ihre Fahrzeugdaten automatisch abgeglichen werden, um dann die drohenden Verwarn- und Bußgelder direkt zuzustellen. Ein Staat, der die Chancen der Digitalisierung missbraucht um seine Bürger zu überwachen und zu sanktionieren, ohne dass ein Nutzen für die Umwelt daraus resultiert, verspielt das Vertrauen seiner Bürgerinnen und Bürger aktiv und sägt damit an den Grundwerten unserer Demokratie.

Wie gut, dass sich die Bundeslandwirtschaftsministerin nun der Ernährungswende annimmt, sodass wenigstens auf die Größe der Fertigpizzen in Zukunft Verlass ist. Auf den Preis derselben sicher auch. 

Ich wünsche mir 2019 mehr Mut. Mut dazu, die Zukunft zu gestalten. Mut zum Nach-vorne-Denken. Mut, Probleme und Fehlsteuerungen klar zu benennen und konsequent zu korrigieren. Mut auch dazu, Entwicklungen mal ihren Lauf zu lassen, denn Veränderungen brauchen auch Zeit. Mut dazu, Haltung zu bewahren, auch wenn der Gegenwind rau ist. 

Die gute Nachricht ist: Es gibt Menschen, die diese Charakterzüge besitzen und die tagtäglich mit mir gemeinsam daran arbeiten, die Schrauben in die richtige Richtung zu drehen, sie fein zu justieren und bereit sind dazu, sie auch fest anzuziehen. 

Deshalb danke ich zum Jahresende allen meinen Mitstreitern, der ganzen FDP-Fraktion im deutschen Bundestag, allen Mitarbeitern, allen Ehrenamtlichen in der FDP vor Ort, allen, die bei uns mitmachen und dadurch die Partei mit Leben füllen. Danke für eure Arbeit, die mir jeden Tag aufs Neue Stärke und Motivation gibt. 

Ich wünsche Ihnen allen ein gesundes und glückliches Jahr 2019. Bleiben Sie kritisch. 

Eure/Ihre Carina Konrad