Carina Konrad

Fake-Honig schadet Bienen, Imkern und Ihnen

Biene
Bild: shutterstock.com

Jeder Deutsche isst im Schnitt 1,1 Kilo Honig pro Jahr. Im welt­weiten Vergleich ist das ein Spitzen­wert. Nur 30 Prozent der Nachfrage werden dabei aus den Imkerbeständen hierzulande gedeckt. Die restlichen 70 Prozent stammen aus dem Import.

Deutsche Vertreiber kaufen besonders gerne chinesischen Honig ein, da er billiger ist als jener aus Argentinienund Mexiko.

Für den Verbraucher, der nicht unbedingt Honig aus der Region oder aus Deutschland verzehren möchte, kein Problem. Denn er orientiert sich ja am Siegel und verlässt sich auf die gleiche Arbeitsleistung der Bienen aus dem „Nicht-EU-Land“, das bestenfalls auf dem Glas ausgewiesen ist. Wo die Bienen ihren Honig produzieren, ist egal, man geht davon aus, dass ihre Leistung dieselbe ist.

Aber hier sind wir schon in die Falle getappt. So warnt die Stiftung Warentestin ihrer Ausgabe von März 2019, dass die Bezeichnung „Honig“ gerade bei Produkten aus „Nicht-EU-Ländern“ teilweise sogar irreführend sei.

Chinas „Honig“ aus der Bienenqualanstalt

„Süßer Brotaufstrich“ wäre oft die ehrlichere Bezeichnung. So haben sich zwischen 2007 und 2016 die Honigexporte aus China, der Ukraine, VietnamThailand und Indien– jene Länder, über die gefälschter Honig verschifft wird – fast verdreifacht; sie stiegen von 89.500 Tonnen auf 270.000 Tonnen!

Die moderne chinesische Bienenqualanstalt besteht nicht mehr aus Waben, sondern aus Stahlrohren. Der frisch von den Bienen geerntete Nektar wird hier meist unreif geerntet und danach thermisch getrocknet.

Den Bienen wird damit der letzte Arbeitsschritt abgenommen und der Honig stattdessen in Fabriken industriell weiterverarbeitet, in sogenannten Vakuum-Trocknungs-Anlagen. Honig, der auf traditionelle Art entsteht, trocknet stattdessen, indem die Bienen ihn umhertragen, immer wieder ablegen und aufnehmen.

Fake-Honig verliert wertvolle Enzyme

Dadurch wird der Honig mit bieneneigenen Stoffen angereichert. Diese wertvollen bieneneigenen Enzyme fehlen den Produkten aus China, und der Verbraucher verlässt sich indes auf das Naturprodukt, das so verheißungsvoll gesund sein sollte.

Inzwischen gehört dieses vermeintlich „flüssige Gold“ zu den am meisten gefälschten Lebensmitteln weltweit. Doch die Verbrauchertäuschung ist nicht das einzige Problem bei diesem Brotaufstrich, der in großen Teilen industriell gefertigt und mit Sirup gestreckt wird.

Auch nicht der ökonomische Schaden, der hieraus entsteht.  Aber wenn sich deutscher Honig, der größtenteils von Hobbyimkern in ihrer Freizeit hergestellt wird, durch den Zukauf ausländischer Fälschungen nicht mehr verkauft, wird es auch weniger Bienen geben.

Bleiben Pflanzen deswegen unbestäubt, leidet die Artenvielfalt, und die schwerwiegenden Folgen für den ökologischen Kreislauf werden aktuell ja hitzig diskutiert.

Regionale Produkte sind die beste Wahl

Was erkennen wir nun als Fazit – außer, dass wir als Verbraucher durch unsäglich geführte Debatten über Glyphosat, Gentechnik und Label-Betrug  immer mehr verunsichert werden, uns vergiftet glauben und gar nicht mehr wissen, was wir noch essen sollen?

Als Agrarökonomin kann ich nur eindringlich davor warnen, auf Panikmache anzuspringen und blind in Hysterie zu verfallen. In Zeiten, in denen Informationen schneller über soziale Medien als über Fachportale bezogen werden, müssen wir wieder lernen, hinter die Kulissen zu gucken.

Ein guter Anfang wäre doch, sich auf Regionalität zu besinnen und die heimischen Produkte denen vorzuziehen, die per Weltreise erst zu uns gebracht werden müssen. Damit tun wir sogar der Umwelt noch etwas Gutes! Ich jedenfalls kaufe meinen Honig beim Imker in der Nachbarschaft – auch wenn ich mich da beeilen muss, weil er immer schnell ausverkauft ist.

Der Beitrag ist bei FOCUS Online erschienen.