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Hitzewellen, Erntenot und Verantwortung – was Klimaanpassung heute heißen muss


Ich sitze aktuell im Schatten, bei 37 Grad. Diese Woche ist kein Ausnahmezustand. Sie ist ein Vorgeschmack auf das, was wir in Zukunft häufiger erleben werdeń und was wir Landwirte seit Jahren beobachten.

Am Montag saß ich in der Kreistagssitzung, in einem Saal, der sich trotz Ventilatoren so aufgeheizt hat, dass alle am Ende nur noch froh waren, als die Tagesordnung durch war. Ich bin wirklich nicht empfindlich.

Am Dienstag: Abschlussfeier in der Schule, die Aula so warm, dass manche den Raum verlassen mussten. Sie haben es nicht mehr ausgehalten.

Draußen vertrocknet die Ernte. Bei manchen ist sie bereits voll im Gang. Es hat im Frühjahr wochenlang nicht geregnet. Maschinen leiden. Die Handwerker vor Ort fangen morgens inzwischen um halb sechs an, damit sie der Mittagshitze ausweichen können. Mein Sohn macht dort gerade ein Praktikum und spürt am eigenen Leib, was das heißt.


Das ist kein „schönes Wetter“. Das ist Realität.

Und mit dieser Realität müssen wir umgehen – nicht nur reden, sondern handeln.



Klimawandel ist keine Erzählung. Sie ist Alltag. Klimaanpassung ist keine Floskel, sie muss Alltag werden.


In der Landwirtschaft leben wir das längst:


  • Unsere Traktoren und Mähdrescher sind heute klimatisiert – das war nicht immer so, obwohl es auch früher heiße Sommer gab. Aber die Belastung hat zugenommen. Ein Landwirt ernährt heute zehnmal so viel Menschen wie vor 15 Jahren. Und mit der Belastung steigen die Hautkrebsraten und gesundheitlichen Risiken. Davor muss man sich schützen, wenn man diesen Job lange machen will.

  • Unsere Tiere brauchen Kühlung. Das ist Tierwohl im Alltag. Landwirte investieren in Ventilatoren, Sprenkelanlagen und durchdachte Stalllüftung. Nicht, weil es Mode ist, sondern weil es notwendig ist.

  • Wir arbeiten an den Böden: an ihrer Wasseraufnahmefähigkeit, an der Erosionskontrolle, an intelligentem Wassermanagement. Denn was wir heute sehen, ist:


    • längere Trockenphasen,

    • plötzlich einsetzender Starkregen,

    • enorme Fließgeschwindigkeiten, die Flächen überfluten, statt sie zu versorgen.


Die Katastrophe im Ahrtal war ein Weckruf.


Wir haben damals viel gelernt – über Frühwarnsysteme, über Verantwortung in der Fläche, über die Kraft der Natur.

Aber auch über politisches Versagen, das Menschen das Leben gekostet hat.

Und trotzdem: Der Wandel ist da. Wir können ihn nicht wegreden, nicht wegtwittern, und schon gar nicht als „Erzählung“ abtun.


Was wir brauchen?


Nicht mehr Debatte über „ob“, sondern bessere Antworten auf das „wie“:


  • Wie schützen wir Menschen in Hitzeperioden – in Schulen, Pflegeeinrichtungen, Büros?

  • Wie sichern wir Ernten, Betriebe, Wasserverfügbarkeit?

  • Wie wird der ländliche Raum klimafest, ohne überfordert zu werden?


All das hat mit Klimaschutz zu tun – aber noch mehr mit Klimaanpassung. Es geht um Gesundheit, Versorgung, Lebensqualität. Und es betrifft jeden: Landwirte, Hausbesitzer, Schüler, Pflegende, Unternehmer.


Deshalb: Passt auf euch auf. Bleibt im Schatten. Trinkt genug. Und lasst uns Politik machen, die diese Realität ernst nimmt – ohne Übertreibung, ohne Verdrängung, sondern mit Verantwortung.

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