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Mit Ansage ins offene Messer

Aktualisiert: 10. Juli

Ich bin keine Juristin aber ich habe ein ungutes Gefühl


Ich bin keine Juristin. Ich habe nie eine Verfassungsbeschwerde formuliert, nie eine mündliche Verhandlung in Karlsruhe geführt und nie ein Gutachten zur Menschenwürde verfasst.

Aber ich bin Bürgerin. Und in diesem Land, in dem das Bundesverfassungsgericht eine wirklich vertrauenswürdige Institutionen ist, bekomme ich in diesen Tagen ein sehr mulmiges Gefühl, wenn ich die Berichterstattung verfolge.


Denn was da gerade mit der Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin passiert, das wirkt bei der medialen Begleitmusik nicht wie ein normaler Vorgang. Es fühlt sich an wie ein Moment, in dem etwas kippt. Nicht juristisch, das mögen andere beurteilen. Aber politisch, gesellschaftlich und emotional.


Es ist dieses Gefühl, dass eine der tragenden Säulen unserer Demokratie, das Recht, plötzlich Teil eines politischen Spiels wird. Das wirkt, als ginge es vorranigig um parteipolitische Haltungsnoten.


Ich unterstelle dieser Frau nichts. Aber…


Ich möchte Frau Brosius-Gersdorf nichts unterstellen. Sie ist Professorin, sie ist sicher klug, sie hat sicher viele verdienstvolle Arbeiten geschrieben. Und trotzdem:


Ich höre, dass sie das Grundgesetz gendern will

und frage mich: Hat dieses Land gerade keine größeren Probleme?


Ich lese, dass sie die allgemeine Impfpflicht für verfassungsrechtlich geboten hielt

in einer Lage, in der selbst viele Ärztinnen, Wissenschaftler und Verfassungsjuristen vor Spaltung und Unverhältnismäßigkeit warnten.

Weil die Impfung zwar ein individueller Schutz war,

aber keinen Schutz vor Weiterverbreitung von Corona gewährleistete.


Ich sehe, wie geräuschlos diese Personalie im politischen Raum durchgewunken werden soll. Da frage ich mich: Wie konnte es so weit kommen?


Und ich frage mich auch, ob sich hier nicht gerade ein Ataman-Moment wiederholt, nur in sehr viel ernster.


Was damals Empörung auslöste, wird heute Rechtssprechung prägen


Ferda Ataman war Beauftragte. Sie war Symbolpolitik, ja. Streitbar, ja. Überzogen, ja. Aber sie hatte keinen Einfluss auf unser Recht. Damals wurde der FDP vorgeworfen, sie sei zu nachgiebig gewesen und habe eine umstrittene, kulturkämpferische Personalie mitgetragen. Das mag richtig sein. Aber Atamann hatte kein Richteramt, keine Entscheidungsmacht, kein Mandat für Grundsatzurteile. Ihre Rolle war symbolisch und selbst diese Symbolik hat die FDP schwer beschädigt.


Brosius-Gersdorf bekommt dieses Mandat und die Entscheidungsmacht. Und sie bekommt sie mit den Stimmen der CDU.


Der Partei, die sich sonst als Bollwerk gegen eine ideologisch getriebene Aushöhlung des Rechts verkauft. Der Partei, die „Law and Order“ predigt und jetzt ausgerechnet einer Richterin zur Wahl verhilft, deren Haltung sie kaum durchdrungen zu haben scheint.



Wenn die Linke jubelt und die Rechte Applaus bekommt


Was mich am meisten beunruhigt:

Wenn die Linke jubelt und die Rechte ebenfalls Punkte machen kann, dann stimmt in der Mitte etwas nicht. Dann hat niemand gewonnen, sondern alle verloren.


Nicht, weil man keine progressiven Verfassungsrichter wählen darf. Sondern weil man nicht ahnungslos, sprachlos und blind mit derartigen Personalien umgehen darf, schon gar nicht in dieser Zeit.


Das ist nicht nur politisch naiv, das ist strategisch fatal. Denn während sich die CDU noch als Rechtsstaatspartei inszeniert, liefert sie der AfD gerade das perfekte Framing frei Haus.


Die SPD, Eskalation im Namen der Entschlossenheit


Die SPD hätte in dieser Zeit, in der sie vorgibt, der AfD das Wasser abgraben zu wollen, ein Zeichen der Verantwortung setzen können. Stattdessen wählt sie Eskalation.

Mit einer Personalie, die das Vertrauen in das Bundesverfassungsgericht leider nicht stärkt.


Was macht diese Entscheidung so irritierend?

Die gleiche SPD, die auf ihrem letzten Parteitag beschlossen hat, ein Verbotsverfahren gegen die AfD anzustreben, ohne klares Konzept wie das erfolgreich sein soll, stellt ausgerechnet jetzt eine Richterin zur Wahl, die für eine ganze politische Strömung als Symbol dafür taugt, dass der Staat nicht mehr neutral urteilt, sondern politisch urteilen will.


Und selbst wenn das nicht stimmt: Der Eindruck reicht.

Denn er verfestigt das Misstrauen. Und damit genau das, was man eigentlich verhindern wollte.


Man muss sich schon fragen, wie man in so einer Lage auf die Idee kommt, ausgerechnet mit dieser Kandidatin ein Zeichen setzen zu wollen. Vielleicht war es bloß Ignoranz. Vielleicht war es Absicht. Beides wäre ein Armutszeugnis.


Mein Fazit


Die Richterwahl am Freitag ist kein Betriebsunfall. Sie ist ein Symptom. Ein Symptom dafür, dass die Mitte nicht durch Lautstärke von rechts gefährdet wird , sondern durch Verantwortungslosigkeit von innen.


Die FDP sollte aus dem Ataman-Debakel gelernt haben. Die CDU offenbar nicht.

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