Carina Konrad

Wirtschaftsjunior zu Gast im Bundestag

Carina Konrad MdB mit Wirtschaftsjunior Alfred Schlägel aus Mainz

Alfred Schlägel, Mitglied der Wirtschaftsjunioren Deutschland seit 2018, hat 2019 an dem Programm „Know-How-Transfer - Wirtschaft trifft Politik“ teilgenommen und Carina Konrad für eine Woche bei ihrer Tätigkeit als Abgeordnete des Deutschen Bundestages begleitet. Als Führungskraft innerhalb des Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim ist Herr Schlägel im Bereich der Qualitätssicherung für das Thema Validierung von computerisierten Systemen zuständig.

Was war deine Intention zur Teilnahme am Programm „Know-How-Transfer“ des Vereins „Wirtschaftsjunioren Deutschland“?

Alfred Schlägel: Auch wenn man natürlich nicht das ganze politische System in einer Woche verstehen kann, hat es mich interessiert, zu sehen, wie die Prozesse im Bundestag ablaufen, was es bedeutet, als Abgeordneter tätig zu sein und die Interessen der Wähler innerhalb und außerhalb der Fraktion zu vertreten. Eine Erkenntnis, die sich schnell einstellte, war: Abstimmungen und Meetings verlaufen doch etwas anders. Im Unternehmen gibt es eine relativ klare Linie: Wo muss man hin, was muss man erreichen, das ist relativ hierarchisch organisiert und wird von den Unternehmenszielen runtergebrochen auf die einzelnen Teamziele – und dann gehen alle ungefähr in die gleiche Richtung. Das hat man in der Politik nicht. Hier geht es um das Wohl von Deutschland und Europa, aber jeder hat doch sein eigenes Verständnis von Prioritäten. Und ich wollte sehen, wie diese Entscheidungsfindung stattfindet, auch schon innerhalb der Fraktion, und einen Eindruck erhalten, wie alle so ticken.

Was war besonders interessant in deiner parlamentarischen Woche?

AS: Die Arbeitskreisdiskussionen und Abendveranstaltungen waren sehr interessant. Ich war z. B. auf einer Veranstaltung zum Thema „Agrar“, was überhaupt nicht mein Bereich ist. Dennoch wurde über ein mir vertrautes Thema, die Digitalisierung in der Landwirtschaft gesprochen. Ein sehr interessantes Anwendungsfeld mit viel Potenzial. Das hatte ich nicht so nicht erwartet. Auch spannend fand ich den Beitrag zur Genschere, wenn Pflanzen so verändert werden, dass sie resistenter sind. Oder auch die Optimierung von Produktionsmethoden, bei der durchaus ein gewisser Grad an künstlichen Intelligenz Anwendung finden kann. Z. B. die Verwendung von Vorhersagenmodellen und der damit verbundene Versuch, höhere Erträge zu erzielen. Oder der Einsatz von neue Technologien, z. B. für das Ausbringen von Düngemitteln, um somit die Belastung durch ein reines Gießkannenprinzip zu verringern und einen bedarfsgerechten Einsatz zu ermöglichen. Ein weiteres Themenfeld war die Sammlung von Daten, also Bodenbeschaffenheit, Feuchtegrad usw.  Die dort geführten Diskussionen sind doch sehr komplex und spannend, besonders unter Berücksichtigung der verschiedenen Interessensvertreter.

Wie würdest du die Aktivität der FDP-Fraktion bewerten?

AS: Ich denke, dass diese Partei die richtige Priorität setzt und die richtigen Themen im richtigen Maß priorisiert nach vorne bringt, um die anderen Parteien zu pushen. Ich persönlich sehe die FDP weit vorne und auf dem richtigen politischen Weg. Wir hatten z. B. die Fragerunde mit dem Parteivorsitzenden Christian Lindner, wo viele aktuelle Themen besprochen und diskutiert wurden, wie z. B. Unternehmensarten, Arbeitszeiterfassung, Reduzierung der Bürokratie, Steuerregelung für kleine Unternehmen usw.

Wie interaktiv und hilfreich waren die Diskussionen mit den Abgeordneten?

AS: Der allgemeine Eindruck nach den Fragerunden mit allen Parteien war, dass die Abgeordneten sehr kompetent und offen für den Austausch sind. Sobald etwas Luft zwischen den Veranstaltungen und Meetings war, war der Austausch sehr aktiv. Die Abgeordneten hören immer zu, fragen nach und nehmen Themen der Wirtschaftsjunioren auf.   

Einer der Kernpunkte des Vereins „Wirtschaftsjunioren Deutschland“ ist die Digitalisierung. Wurde dieses Thema auch unter den Teilnehmern diskutiert?

AS: Dieses Thema hat mich hier sehr stark interessiert. Ich war vorher zehn Jahre in der IT und habe dann vor zwei Jahren in den Fachbereich gewechselt. Es war auch meine Intention zu sehen, wie die Abläufe im Bundestag sind, ob alles schon digitalisiert ist und z. B. mit Dropbox oder vergleichbaren Technologien gearbeitet wird oder doch noch auf Papier. Das war schon eine Erkenntnis. Ich hätte nicht erwartet, dass hier noch so viel auf Papier passiert.

Wie gut/schlecht geht Deutschland mit der Digitalisierung um?

AS: Wenn man auf Deutschland allgemein blickt, ist die Situation in einigen Bereichen nicht so gut. Da muss noch einiges passieren. Das fängt schon bei einfachen Anträgen an. Man bekommt zwar eine PDF-Datei, kann sie auch ausfüllen, muss das Dokument aber dann trotzdem ausdrucken und unterschreiben. Schon hier könnte einiges besser und einfacher werden. Ich glaube aber unsere großen Unternehmen, die in Deutschland angesiedelt sind, sind sehr weit vorn mit dem Thema Digitalisierung und Automatisierung. Das ist in gewisser Weise auch von dem Staat gefördert, aber die Unternehmen kümmern sich dann doch selbst darum.

Wie bewertest du die Idee der Digitalisierung der Landwirtschaft?

AS: Wenn wir die Struktur betrachten, merkt man deutlich, dass das Thema Internet und Mobilfunk in den ländlichen Gebieten noch stark ausbaufähig ist. Wenn man nicht z. B. bei Telekom einen Vertrag hat, ist eine gute Netzabdeckung nur in den städtischen Bereichen oder vielleicht noch auf der Autobahn gewährleistet. Sobald man jedoch eine Region, in der halt nur Bäume stehen, betritt, ist der Zugriff auf eine schnelle und zuverlässige Internetverbindung sehr eingeschränkt. Stellt man sich nun vor, auf dem Land eine Beschäftigung z. B. in der wald- oder landwirtschaftlichen Nutzung zu generieren, ist dies unter Berücksichtigung von neuen internetabhängigen Technologien oder Methoden schwierig. Aus meiner Sicht ist es Aufgabe einer Regierung, zumindest die Infrastruktur so weit bereitzustellen, dass Unternehmern und der Bevölkerung alle Möglichkeiten gegeben sind. Nur so können wir Industriezweige aus Ballungsgebieten verlagern, Alternativen schaffen und deutschlandweit jedem überall die gleichen Chancen für eine gute Arbeit bieten. 

Was würdest du dem Bundestag wünschen?

AS: Was ich mitnehme, ist, dass alles, was in der Bundesregierung passiert, zwei Seiten hat. Einerseits sind viele Gespräche notwendig, bevor etwas erreicht wird, aber andererseits kann nicht jeder machen, was er will, sondern man muss wirklich Kompromisse finden. Das ist auch eine Art der Stabilität, die wir jetzt hier haben. Das finde ich sehr gut. Wenn man beide Seiten betrachtet, ist das ein Vorteil. Vielleicht würde ich dem Bundestag einige digitale Verbesserungen wünschen. In diesem Sinne kann innerhalb der Regierung einiges besser werden, mit weniger Papier oder mehr Social Media zum Beispiel. Das sind aber die kleinen Sachen, die mir im Laufe einer Woche aufgefallen sind. Um etwas Großes und Innovatives zu sehen, war die Zeit zu kurz.

Die Fragen stellte Olga Danilenko, Teilnehmerin des Internationalen Parlaments-Stipendiums im Deutschen Bundestag.