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Interview mit der agrarzeitung – Bilanz und Zukunftsausblick

1. Bilanz der Agrarpolitik – Was bleibt?


“Die letzten Jahre haben gezeigt: Landwirtschaft ist nicht nur von politischen Entscheidungen betroffen – sie kann auch selbst gestalten, wenn man ihr den Freiraum lässt. Die Abschaffung der 4-Prozent-Flächenstilllegung, die Öffnung für HVO100 und eFuels oder der beschleunigte Netzausbau im ländlichen Raum waren Schritte in die richtige Richtung. Aber Landwirtschaft ist kein statisches System, das man verwalten kann – sie ist ein Innovationsmotor. Wer das nicht erkennt, läuft Gefahr, die Betriebe in eine defensive Haltung zu drängen, statt ihren Gestaltungswillen zu nutzen.”



2. Wo hat die FDP Fehler gemacht?


“In der Politik geht es nicht darum, keine Fehler zu machen – es geht darum, aus Fehlern zu lernen. Es wäre einfach, jetzt mit dem Finger auf einzelne Entscheidungen zu zeigen. Aber das eigentliche Problem war nicht der Gestaltungswille der Ampel, sondern dass sie den wirtschaftlichen Druck auf die Betriebe unterschätzt hat. Agrardiesel ist da ein Beispiel. Wer von Transformation spricht, muss sicherstellen, dass die Basis stabil bleibt. Wirtschaftliche Planbarkeit ist die Basis.

Landwirtschaft kann viel leisten, aber nicht, wenn sie von heute auf morgen mit steigenden Kosten und neuen Auflagen überrollt wird. Die Frage ist doch nicht, ob sich Landwirtschaft verändern muss – sondern wie wir den Weg dorthin so gestalten, dass Betriebe ihn mitgehen können, statt aus Frust auszusteigen.



3. Was bedeutet das Ausscheiden der FDP für die Landwirtschaft?


“Mit der FDP verliert die Landwirtschaft eine Stimme, die nicht nur zwischen Umwelt und Ertrag abwägen wollte, sondern Landwirtschaft als Zukunftsbranche verstanden hat. Die entscheidende Fragen sind jetzt: Wer setzt sich künftig für Innovation statt für Regulierung ein? Wer sorgt dafür, dass Landwirtschaft nicht nur unter Klimaaspekten diskutiert wird, sondern als Schlüsselbranche für Ernährungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit? Wer sorgt jetzt dafür, dass Landwirtschaft in der Debatte nicht nur als Problem vorkommt? Wer zeigt, dass diese Branche Innovationstreiber ist? Wer setzt Themen so, dass sie nicht zwischen Ideologie und Empörung zerrieben werden? Die Lücke ist da, und sie wird sich in den kommenden Jahren bemerkbar machen. Deshalb ist es wichtig das die FDP wieder kommt. ”


4. Welche politischen Konsequenzen sehen Sie langfristig?


“Es gibt einen internationalen Trend: Wenn sich Politik zu stark von den Realitäten des ländlichen Raums entfernt, schlägt das Pendel in die andere Richtung aus. Wir sehen das in den USA, in Großbritannien, in den Niederlanden. Es wäre klug, daraus zu lernen. Landwirtschaft war immer ein Stabilitätsfaktor – wirtschaftlich und gesellschaftlich. Wer den ländlichen Raum nur als Kulisse für politische Debatten nutzt, riskiert, dass er sich irgendwann verweigert. Dann sind wir in einer Situation wie nach dem Brexit oder in den USA mit teuren Arbeitskraftproblemen in der Landwirtschaft. Das muss Deutschland nicht wiederholen.”


5. Ihre persönliche Zukunft – Wie geht es für Sie weiter?


“Ich habe in der Politik viel gelernt: Es reicht nicht, Recht zu haben – man muss Mehrheiten gewinnen. Diese Erkenntnis gilt weit über die Politik hinaus. Wer gestalten will, muss strategisch kommunizieren, muss Debatten setzen, bevor sie von anderen dominiert werden. Das sehe ich als eine der größten Herausforderungen für die Agrarbranche. Die Agrarbranche steht vor der Herausforderung, sich als Innovationsmotor der Wirtschaft zu behaupten. Wer Landwirtschaft nur als Subventionsempfänger sieht, versteht nicht, dass hier die Technologien entstehen, die morgen ganze Industrien prägen – von Biotechnologie bis zu synthetischen Kraftstoffen. Die entscheidende Frage ist: Wer gestaltet das aktiv mit?” Ich werde mich weiterhin für die Landwirtschaft einsetzen, aber aus einer anderen Perspektive. Die Frage, die mich antreibt, ist: Wie kann man wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Interessen so zusammenbringen, dass nicht immer nur reagiert wird, sondern dass man selbst den Kurs bestimmt?”



6. Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Agrarpolitik?


“Dass Politiker aufhören, Landwirtschaft nur als Problem zu sehen. Es wird viel über Nachhaltigkeit gesprochen – aber zu wenig über Produktivität. Wer Agrarpolitik mit der Brechstange macht, treibt Betriebe in die Resignation oder ins Ausland. Die bessere Lösung ist: Landwirte als Innovationspartner sehen, ihnen Freiräume geben, statt sie in Bürokratie zu ertränken. Das bedeutet auch, über neue Züchtungsmethoden wie CRISPR zu sprechen oder über smarte Technologien im Stall, die Tierwohl und Effizienz kombinieren. Die Politik muss den Mut haben, Landwirtschaft als Zukunftsbranche zu behandeln – nicht als Verwaltungsfall.”


Landwirtschaft funktioniert im Kern wie jeder andere Industriezweig: Wer investiert, braucht Planungssicherheit. Wer effizienter wird, darf nicht dafür bestraft werden. Und wer sich neuen Technologien verschließt, wird von anderen überholt. Das sind Prinzipien, die für jede Branche gelten – und sie werden in der Agrarpolitik oft übersehen.”


Ich bin gefasst und reflektiert. Politik ist kein Wunschkonzert – man bekommt nicht immer das, was man für richtig hält. Aber wer Verantwortung übernimmt, muss auch Niederlagen einordnen können. Natürlich hätte ich mir ein anderes Ergebnis gewünscht, aber mein Blick geht nach vorn. Die Fragen, die mich in den letzten Jahren umgetrieben haben – wie Landwirtschaft innovativ bleibt, wie wir Wachstum und Nachhaltigkeit zusammenbringen – sind nicht verschwunden. Die Debatte geht weiter, und ich werde meinen Beitrag dazu leisten, nur eben in einer anderen Rolle.”

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