Was ist eine unabhängige Kommission noch wert, wenn das Ergebnis vorher feststehen muss?
- konradcarina
- vor 2 Tagen
- 2 Min. Lesezeit
Wer Vollzeit arbeitet, soll davon leben können. Punkt.
Ein fairer Lohn ist kein Luxus, er ist eine Frage von Würde, Gerechtigkeit und gesellschaftlichem Zusammenhalt.
Aber genauso wichtig ist: Wie kommt man zu diesem Lohn.
Dass nun führende SPD-Politiker der Mindestlohnkommission offen drohen, ist ein Angriff auf die Spielregeln unserer sozialen Marktwirtschaft. Wenn Matthias Miersch sagt, der nächste Vorschlag müsse mindestens 15 Euro betragen, sonst greife die Politik ein – dann ist das keine Meinung mehr. Das empfinde ich das als politische Erpressung.
Und das ausgerechnet gegenüber einem Gremium, das bewusst unabhängig ist und nach Aussage der Union ja auch bleiben soll.
Die Mindestlohnkommission wurde eingerichtet, um genau solche Überbietungswettbewerbe zu verhindern. Hier sitzen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter am Tisch. Hier soll nicht mit Wahlkampfparolen, sondern mit Verantwortung verhandelt werden.
Wenn die Politik nun vorgibt, was herauszukommen hat, dann ist die Kommission nichts mehr wert. Dann verlieren wir das, was sie ausmacht: Augenmaß. Fairness. Glaubwürdigkeit.
Und das hat Folgen, nicht für Funktionäre, sondern für Menschen.
Für kleine Betriebe, die keinen Preisdruck weitergeben können. Bäcker, Friseur, Gastronomie. Kleine Betriebe zahlen oft schon jetzt über Mindestlohn, aber sie haben keine Preismacht. Ein Zwangssprung auf 15 Euro ohne Rücksicht auf Standort oder Branche kann bedeuten: Schließung statt Fairness. Denn alle Löhne bewegen sich, nicht nur die unteren. Was bleibt, ist weniger Versorgung, weniger Teilhabe, weniger Leben im Dorf.
Sozialpolitisch gut gemeint aber gesellschaftlich teuer erkauft.
Für Sonderkulturen in der Landwirtschaft, die aus dem Land gedrängt werden. Gerade arbeitsintensive Betriebe wie im Obst- und Gemüsebau, stehen heute schon unter Druck. Die Löhne sind gestiegen, die Bürokratie ist hoch, die Konkurrenz ist international. Ein politisch erzwungener Sprung auf 15 Euro bedeutet für viele: Produktion aufgeben, oder ins Ausland verlagern.
Das ist das Gegenteil von regionaler Versorgung oder Nachhaltigkeit. Wer politische Mindestlöhne ruft, muss auch sagen, ob er bald noch heimisches Obst und Gemüse will, oder nur noch aus Peru.
Für deutsche Transportunternehmen, die gegen Dumpinglöhne im Ausland verlieren. Ja, es gibt zu viele ausländische Fahrer, die seit langem zu Dumpinglöhnen unterwegs sind. Aber: Ein pauschaler Mindestlohn von 15 Euro in Deutschland löst dieses Problem nicht, er benachteiligt deutsche Betriebe, die sich an Regeln halten, und treibt noch mehr Aufträge an Billiganbieter im Ausland.
Was wirklich hilft: konsequente Kontrollen, faire Auftragsvergabe, europäische Mindeststandards , nicht symbolische Lohnsätze.
Politische Ansagen helfen niemandem, wenn sie in der Realität Arbeitsplätze vernichten.
Gute Löhne erreichen wir durch Wettbewerbsfähigkeit, Bildung, Tarifbindung und Fairness.
Nicht durch populistische Drohgebärden.
Wer also wirklich für soziale Gerechtigkeit steht, muss die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission verteidigen. Nicht ihre Arbeit sabotieren.
Guter Lohn verdient Respekt und der beginnt mit dem Respekt vor guten Verfahren.
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